Fahrbericht
Darf man denn als Auto-Journalist für eine Marke schwärmen? Oder verbietet das Berufsbild eine offensichtliche Sympathie. Darüber kann man sich streiten. Ich denke, solange man ehrlich bleibt, passt das schon. Mittlerweile bin ich schon diverse Maserati Modelle gefahren. Alle haben mich in irgendeiner Form positiv berührt. Weshalb ich mich wirklich auf diese Testfahrt gefreut habe. Meine Erwartungen an den Levante sind also hoch. Ich frage mich immer, warum es nicht mehr Maserati auf unsere Straßen schaffen. Bauen die Deutschen so viel bessere Autos als die Italiener? Oder ist es einfach die Angst vor dem „Unbekannten“, oder dem vielleicht nicht 100 Prozent kugelsicheren Image. Schauen wir uns Maseratis erstes SUV einmal genauer an.
Hinreisendes Design
In Sachen Design liegen die Italiener im Allgemeinen recht weit vorne. So auch beim Levante. Die gefräßig wirkende Front und die elegante Seitenlinie begeistern. Über die viel diskutierte Heckansicht lässt sich streiten. Zu gewöhnlich, zu japanisch oder ein Schuss zu viel Porsche Cayenne. Im Gegensatz zur aufreizenden Front wirkt das Hinterteil tatsächlich als ein wenig zu kurz gekommen. Aber das ist wie alles im Leben Ansichtssache. Dafür entschädigt der Innenraum mit einem grandiosen Outfit. Edle Materialien, gute Verarbeitung, passt. Wie bei den anderen Modelle überzeugt auch der Levante hier auf ganzer Linie.


Viel Platz im Levante
Unser Testwagen ist das zweitstärkste Modell der Baureihe und verfügt über den von Ferrari mitentwickelten 3.0 Liter V6 Biturbo. 430 PS entfacht das Triebwerk. Mit 580 Nm Drehmoment ist er fast so durchzugsstark wie der bullige Dieselmotor ( 275 PS, 600 Nm ). Soweit so gut. Jetzt geht es ans Fahren. Mal sehen ob meine Erwartungen erfüllt oder gar getoppt werden. Der erste Eindruck: das Auto ist groß. Eben ein Ausgewachsener SUV. Sogar mit richtig viel Platz. Ob vorne, hinten oder Kofferraum. Ausreichend wäre untertrieben. In diesem Bereich spielt er schon mal ganz vorne mit. Dank allen üblichen Assistenzsystemen mit rundum Kamera und gepiepse klappt auch Ein- und Ausparken, trotz großer Abmessungen, ohne sich zu blamieren. Was Multimedia, Navi und Bedienung betrifft, ist zwar alles im grünen Bereich, aber hier gibt es noch Luft nach oben.


Sound und Power = Glücksgefühle
Einmal in Bewegung ist jedoch alles vergessen. Geschmeidig, ruhig und komfortabel gleitet der Levante durch die Landschaft. Lediglich die großen Räder lassen hier und da die Straße etwas genauer spüren (265/50 ZR19 / 295/45 ZR 19). Große Strecken schafft er ohne Schrecken. Die Basics stimmen. Für einen Maserati Käufer jedoch nicht ausschlaggebend. Das kann ein Audi auch. Was die meisten anderen nicht können, kommt jetzt. Sporttaste an, und ab geht’s. Heftig stürmt der Levante vorwärts. Dank Allrad und ordentlich Power sind 100 km/h in nur 5,2 Sekunden erreicht. Hat er freie Fahrt, endet diese erst bei 264 km/h. Für so ein Brocken ist das schon was. Aber auch das können andere in ähnlicher Form. Das was wirklich begeistert ist schlicht und einfach der Sound und die Emotionen, die dabei entstehen. Für ein Turbo-Triebwerk sensationell. Und das bekommt kaum einer so gut hin wie Maserati. Die Kombination Sound + Power = Glücksgefühle mag vielleicht primitiv klingen, aber es funktioniert prächtig.

Sportlich oder nicht?
Schauen wir mal wie es mit dem Sportsgeist steht. Sound und Kraft hatten wir abgehakt. Ein ganz großes Plus ist die geschmeidige 8-Gang Automatik von ZF. Blitzschnelle und saubere Gangwechsel zusammen mit dem sahnigen Motor – das passt perfekt. Kein Vergleich zu früheren Getriebeeinheiten. Auch die Bremsen ankern mit Nachdruck, sind standfest und vermitteln viel Vertrauen. Was mich jedoch sehr beschäftigt, ist das Thema Fahrwerk, bzw. das Kurvengefühl. Eigentlich sollten eine 50:50 Gewichtsverteilung und das für ein so großes SUV relativ geringe Gewicht von 2.100 bis 2.200 Kilo gute Voraussetzungen für sportliches Fahren sein. Tut es aber nicht ganz. Zudem hat er lt. Pressetext den geringsten Schwerpunkt in seiner Klasse. Bis zu einem gewissen Punkt kommt ein sportliches Gefühl auf. Forciert man das Tempo in den Kurven, ändert sich das Bild. Die trotzdem vorhandenen Kilos machen sich mit Untersteuern bemerkbar. Sowie einer gewissen Unruhe, die sportliches Fahren eher hemmt, statt zu animieren. Nicht falsch verstehen, wir meckern hier auf hohem Niveau. Das letzte Quäntchen Sportlichkeit fehlt jedoch. Wer also ein Gokart in SUV Form will, sollte eher nach Zuffenhausen schielen.

Ein echter Maserati
Genau wie Ghibli, Quattroporte und Grand Tourismo ist auch der Levante kein Sportwagen im eigentlichen Sinne. Das will er auch nicht sein. Eben ein echter Maserati. Weshalb er meine Erwartungen voll erfüllt hat. Der Levante kann auch nicht mehr oder weniger als die deutschen Platzhirsche, kann sich aber mit Stil und einem unvergleichlichem Flair von der Masse abheben. Vorausgesetzt man hat das nötige Kleingeld. Ab 91.120 Euro geht es mit dem S Q4 los. Der Diesel beginnt bei 72.630 Euro und der kleinere Benziner mit 350 PS bei 77.520 Euro. Meiner Meinung nach liegen die vergleichsweise geringen Stückzahlen nicht am Auto selbst, sondern an der Einstellung der Käufer. Ein Maserati ist eben was ganz Exotisches. Was der Bauer nicht kennt…
Aber das macht doch den Reiz erst aus, oder nicht?
Text: Dirk Schmied
Bilder: Maserati
Technische Daten:
Motor: 6 Zylinder-V-Motor mit Turbolader, Hubraum 2.970 cm³, Verdichtung 9,7:1, Leistung 430 PS (316 KW) bei 5.750 /min, Drehmoment 580 Nm bei 1.750 /min.
Kraftübertragung: Allradantrieb, 8-Gang Automatikgetriebe, ESP
Karosserie: Fünfsitziges SUV, LxBxH (mm) 5003 x 1968 x 1679, Radstand 3004 mm, Tankvolumen 80 Liter, Gewicht 2.109 kg, Kofferraumvolumen 580 Liter / 1625 Liter.
Fahrleistungen: 0-100 km/h in 5,2 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 264 km/h, Verbrauch 10,7 Liter Super / 100 km
Grundpreis: 88.000 Euro